Geretteter Adler hat nun eine Familie

30.09.2020

Obwohl wir täglich mit Kaiseradlern zu tun haben, können wir in den meisten Fällen nicht viel mehr Informationen über beringte Vögel teilen als ihren Geburtsort und – dank einiger Beobachtungen –  das Gebiet ihrer Wahl. Es gibt jedoch besondere Individuen, deren Lebensgeschichte so unkonventionell ist, so dass sie auf jeden Fall eine ausführlichere Vorstellung verdienen.

Unsere Geschichte handelt von einem Vogel namens "Kurszán". Obwohl dieser alte ungarische Name "Geier" bedeutet, handelt es sich bei dieser ungewöhnlichen Geschichte um einen Kaiseradler.

"Kurszán" wurde 2017 in einem Nest in der Hevesi-Ebene geboren, wo er am 30. Juni 2017 beringt wurde. Sein Bruder wurde ebenfalls beringt, auch er erhielt im Rahmen des „RaptorsPrey-LIFE-Programms“ einen Sender. Leider konnten wir nicht viele Daten über den markierten Vogel sammeln, da sein Kadaver und der abgetrennte Satellitensender im September von den Rangern des Bükk-Nationalparks gefunden wurden. "Kurszán" hatte mehr Glück, denn als die Ranger nach dem Sender seines Bruders suchten, spähte das Team aus reiner Neugier in einen nahe gelegenen, stillgelegten alten Brunnen, in dem ein scheinbar gesunder junger Kaiseradler auf einem hervorstehenden Ast saß.  Höchstwahrscheinlich "halfen" diejenigen, die seinen Bruder getötet hatten, ihm, in den Brunnen zu klettern... Der neue Geburtstag des geretteten Adlers wurde der 5. September, seine Retter nannten den jungen Kaiseradler "Kurszán".


Der Brunnen und "Kurszán", der auf seine Rettung wartet (Photo: Ferenc Attila, BNPI)

Der schwache, junge Vogel wurde in das "Adler-Zentrum" in Jászberény gebracht, die Pfleger brauchten vier Monate, um den Adler in einen für die Freilassung geeigneten Zustand zurück zu bringen. In der Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft wurde "Kurszán" am 16. Januar 2018 mit einem Sender auf dem Rücken und in Begleitung eines weiteren geretteten Adlers, "Hans", freigelassen.


Die Freilassung von Kurszán (Foto: Márton Horváth, MME).

Aufgrund des Satellitenanhängers wissen wir, dass "Kurszán" seitdem das gesamte Karpatenbecken durchstreift hat, genau wie es große Eroberer tun (der ursprüngliche Kurszán war ein Führer, der eine entscheidende Rolle bei der ungarischen Eroberung spielte).

Im Frühjahr 2019 ließ er sich nieder und besetzte ein ehemaliges Adler-Gebiet im Vértes-Gebirge, wo ein altes Weibchen allein war. Und obwohl sie ein Nest besetzten, gab es keine Brut, wahrscheinlich aufgrund des jungen Alters von "Kurszán".


Kurszáns Wanderungen zwischen 2018-2020.

Nach einem weiteren Jahr des Umherziehens kehrte er im Frühjahr 2020 in die Vértes zurück, besuchte aber alle paar Tage regelmäßig ein 160 Kilometer entferntes Gebiet in Österreich.  Dann ließ er sich plötzlich in einem Gebiet in der Westslowakei nieder, wo Kollegen von Raptor Protection Slovakia (PannonEagle LIFE-Projektpartner) das Nest fanden, das er mit einem ein Jahr älteren Weibchen gebaut hatte.

Obwohl sie zwei Wochen später als andere Adler zu brüten begannen, konnten ihre Küken erfolgreich flügge werden.


Kurszáns Gefährtin und ihr Küken im Nest (Foto: Tomas Veselovsky, RPS).

 

Auf diese Weise feierte "Kurszán" seinen dritten Geburtstag. Hoffen wir, dass er nach einem ereignisreichen Start ins Leben nun für viele Jahre das "normale" Leben eines Kaiseradlers führen und uns eine Fülle an wertvollen Daten liefern kann.